Lernformate – Weiterbildung für Erwachsene in der Schweiz

Weiterbildung lässt sich als Erweiterung und Vertiefung von Wissen und Kompetenzen definieren. Weiterbildung beginnt in der Regel nach einer beruflichen Grundausbildung (z.B. einer kaufmännischen Lehre), kann aber auch ohne abgeschlossene Ausbildung absolviert werden. Eine wichtige Voraussetzung, um an einer Weiterbildung teilnehmen zu können, ist das Vorhandensein ausreichender Grundkompetenzen; dazu gehören Lesen und Schreiben, grundlegende digitale Kompetenzen und oft auch Basiskompetenzen in Alltagsmathematik. 

In der Schweiz gibt es sowohl ein bestens ausgebautes Weiterbildungssystem als auch unzählige Weiterbildungsmöglichkeiten und -anbieter. Das Aneignen und Erweitern von Fähigkeiten und Fertigkeiten ist ein lebenslanger Prozess. Heutzutage erwarten Erwachsene zunehmend, dass Lernen flexibel gestaltet werden kann.

Welche Arten von Weiterbildung gibt es?

Die Weiterbildung kann – muss aber nicht – an einen Beruf geknüpft sein, zu einem eidgenössisch anerkannten Diplom führen oder sowohl aktuelle wie zukünftige Kompetenzen in kurzen oder längeren Kurseinheiten schärfen. Zur Weiterbildung gehören sowohl berufliche Massnahmen wie der Besuch von Lehrgängen, Kursen oder Seminaren, das Umschulen von Mitarbeitenden, das Nachholen von Abschlüssen, freizeitorientierte Bildungsangebote oder der tägliche Know-How-Transfer im Unternehmen. Menschen besuchen nicht nur klassische Weiterbildungskurse, sondern frequentieren täglich Google, YouTube und Social Media Plattformen, lesen Blog-Artikel und nutzen digitale wie analoge Medien. Auf diese Weise erweitern wir konstant unser Wissen und unsere Fähigkeiten.

Warum sind Zusatzqualifikationen weiterhin so wichtig?

Mit Zusatzqualifikationen im Lebenslauf können sich Bewerberinnen und Bewerber von der Masse abheben. Dabei geht es aber nicht darum, möglichst viele Weiterbildungen vorweisen zu können, sondern entscheidend ist weiterhin die Relevanz für den Job. In der Schweiz sind offiziell anerkannte Abschlüsse in vielen Unternehmen immer noch gern gesehen. In Zeiten von Fachkräftemangel dreht sich der Spiess aber zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Beim Rekrutieren von Talenten tun KMU gut daran, die Stärken und Skills potentieller Mitarbeitenden vertiefter zu überprüfen. Neben Fachkompetenzen sind heutzutage insbesondere auch Soft-Faktoren gefragt.

Formelles und informelles Lernen

Während formelles Lernen durch Schulen oder Weiterbildungsanbieter organisiert, angeleitet und beurteilt wird, findet informelles Lernen vorwiegend am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder zu Hause statt. Informelles Lernen kann gezielt oder ohne Absicht stattfinden. Das informelle Lernen bezieht sich meist auf eine zu lösende Aufgabe oder Problemstellung. Der Zweck ist nicht das Lernen selbst, sondern eine bessere Lösung für das Problem anzustreben.

Informelles Lernen als Chance für KMU

Lebenslanges Lernen findet insbesondere im Arbeitsalltag statt. Die regelmässige Teilnahme an (externen) Weiterbildungsmöglichkeiten können sich die KMU nicht immer leisten – ob aus zeitlichen, finanziellen oder personellen Gründen. Punktuell mangelt es auch an externen Weiterbildungsangeboten, welche die spezifischen Bedürfnisse der KMU abdecken. Als Alternative bietet sich informelles Lernen am Arbeitsplatz an. Durch den hohen Grad an Selbststeuerung ist informelles Lernen kostengünstig, zeitlich flexibel und kann den Bedürfnissen angepasst werden. Informelles Lernen ist dann erfolgreich, wenn es als eine Kombination von Motivations- und Verhaltensbestandteilen angesehen wird. Dazu gehören: 

  • Feedbackkultur
    Austausch von Erfahrungswissen innerhalb des KMU
  • Modelllernen
    Best Practice Transfer innerhalb des Teams, insbesondere auch bei Neueinstellungen oder Job Rotation
  • Eigenes Ausprobieren
    Best Practice jederzeit hinterfragen, ggf. gibt es noch etwas Effizienteres
  • Lernintention
    Raum (und Zeit) schaffen, das Gelernte zu verinnerlichen

Falls neben dem informellen Lernen auch das formelle Lernen gefördert wird, ist es essenziell, beides miteinander zu verzahnen. Meistens profitieren Unternehmen von der Lernfähigkeit ihrer Mitarbeitenden, jedoch fehlt oft die Kanalisierung und Steuerung von Wissen innerhalb der Unternehmung. Eine Lernkultur beinhaltet u.a. die Rahmenbedingungen für das Lernen in der Unternehmung und bildet das Rückgrat, wie mit Wissen intern umgegangen wird.

Welche Lernformate gibt es?

Virtuelle Lernformate, e-Learning oder massgeschneiderte Blended-Learning-Angebote für Unternehmen sind in der Beliebtheitsskala gegenüber dem klassischen Präsenztraining – welches üblicherweise bei Bildungsanbietern angeboten wird – gewachsen. Der Wandel zum Begleiter des lebenslangen Lernens durch Nutzung der internen Ressourcen inkl. Technologien stellt auch KMU vor neue Herausforderungen. Die Lernformate haben sich ebenso gewandelt wie die Bedürfnisse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.  

Seminar/Online-Seminar

Seminare sind meistens eintägige Lernformate, welche sowohl öffentlich ausgeschrieben bei Bildungsanbietern wie auch als geschlossene Inhouse-Trainings innerhalb von Unternehmen angeboten werden. Das Lernformat kann sowohl im Präsenzunterricht als auch virtuell durchgeführt werden. Das Seminar fokussiert sich jeweils auf ein Thema und ist ideal beim Aufbau oder Auffrischen von Kompetenzen, wobei man in Kürze viel Praxiswissen erlangen kann. Während öffentliche Veranstaltungen ein sehr diverses Publikum anlocken, können bei einem Inhouse-Training die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens noch genauer abgedeckt werden. Gerade bei Schulungen ab vier Teilnehmenden zum gleichen Thema lohnt es sich, Seminare Inhouse durchzuführen.

E-Learning Weiterbildung

Beim e-Learning wird das Lernen durch digitale Medien oder Tools unterstützt. Dabei werden sowohl die Vorbereitung und die Präsentation als auch das Verteilen von Lerneinheiten meistens auf einer Lernplattform zur Verfügung gestellt. Der Einsatz von e-Learning bietet KMU viele Vorteile: 

  • Orts- und zeitunabhängiges Lernen  
  • Erhebliche Kosteneinsparungen (bspw. Anreise/Abwesenheiten) 
  • Möglichkeit von Interaktivität  
  • Individuelle Lernkontrollen  
  • Flexible Anpassungen an spezifische Bedürfnisse  
  • Einfache Handhabung multimedialer Inhalte (wie Video und Audio) 
  • Kombinierbar mit anderen Lernformen  
  • An Vorkenntnisse angepasstes Lernen möglich 
  • Individuelles Lerntempo 
  • Mehrsprachiges Lernen  
  • Förderung der Selbstständigkeit  
  • Inhalt-Recycling: Produzierte Inhalte können jederzeit wieder abgerufen werden  

Die Plattform Capterra bietet Vergleichsmöglichkeiten u.a. für Lernplattformen an. Neben eigenen internen Lösungen bieten auch Bildungsanbieter für Unternehmen Lernplattformen an. 

Blended-Learning-Weiterbildung

Das Blended Learning ist eine Mischform von digitalem Lernen und Präsenzunterricht. Ein Teil des Lernens findet als Präsenzveranstaltung (ob extern oder intern) statt, der andere Teil mittels Lernplattform als E-Learning-Weiterbildung. Der Lernprozess ist somit sehr flexibel. Dieses Lernformat ist optimal für die Kombination von reiner Wissensvermittlung (online) mit der praktischen Umsetzung (Präsenz).

Coaching

Beim Coaching geht es insbesondere um die individuelle Förderung einzelner Mitarbeiter oder um sehr kleine Gruppen. Der Coach berät und begleitet die jeweilige Person oder Personen individuell und themenspezifisch.

Arbeitsplatz als Ausgangspunkt fürs Lernen

Der Arbeitsplatz ist in vielen Unternehmen ganz selbstverständlich auch Lernort. Nicht selbstverständlich ist aber, dass das Lernen direkt an der aktuellen Lebens- und Arbeitssituation der Personen anknüpft, auf den vorhandenen Ressourcen aufbaut und direkt wieder in den Arbeitsalltag zurückfliesst. Besonders wichtig ist dies für Personen im Betrieb, deren Grundkompetenzen für den Anschluss an die rasante technologische Entwicklung nicht mehr ausreichen. 

GO-Modell: In fünf Schritten die Grundkompetenzen am Arbeitsplatz nachhaltig fördern

Im GO-Modell ist die Situation am Arbeitsplatz der Ausgangspunkt. Lerninhalte sind beispielsweise das Verstehen von Arbeitsanweisungen oder das Erstellen von elektronischen Arbeitsplänen und vieles mehr. Dabei werden jeweils alle Grundkompetenzen angesprochen: Von mündlicher und schriftlicher Kommunikation über Alltagsmathematik bis zu IKT-Kenntnissen. Weil anhand von Situationen gelernt wird, ist die Wirkung auf den alltäglichen Arbeitsprozess unmittelbar, sofern der Transfer organisiert wird. 

Das GO-Modell ist eine breit erprobte Methode und gut dokumentiert. Es bildet den konzeptionellen Rahmen der Kampagne «Einfach besser! … am Arbeitsplatz» von Bund und Kantonen zur Förderung der Grundkompetenzen in Betrieben.